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Wald und Jagd

Der Bund Naturschutz setzt sich faktisch seit seiner Gründung 1913 für einen artenreichen, stabilen Mischwald ein. Einsatz gegen standortfremde Monokulturen, gegen Raubbau und Industrialisierung bei der Holzbergung, gegen das Waldsterben, gegen Luftverschmutzung, Waldverluste durch Bebauung, Durchschneidung mit Straßen, Personalabbau bei der Forstverwaltung, Ausweisung von Naturwaldreservaten und Nationalparke mit Schutz der natürlichen Prozesse sind nur einige Stichworte dabei.

Ein entscheidendes Hindernis beim Ziel, stabile Mischwälder zu erhalten oder durch Umbau bisheriger Monokulturen zu erreichen sind seit Jahrzehnten überhöhte Rehwildbestände. Durch den Verbiss der Leittriebe von Jungbäumen wird in vielen Revieren eine Waldverjüngung verhindert. An der Verjüngung des Bergahorns wird deutlich, dass es bei passenden Lichtverhältnissen nicht an tausendfacher Baumverjüngung mangelt. Durch naturnahen Waldbau und die Kraft der Natur wäre die Entwicklung eines stabilen Mischwaldes mit hohem Laubanteil im Lauf von Jahrzehnten kein Problem. Davon profitiert die Ökologie genauso wie die Ökonomie. In der Regel wären im Wald nur selten Pflanzmaßnahmen notwendig. Naturverjüngung schließt rasch Bestandslücken. Die Realität ist aber sehr oft, dass Rehwildverbiss dies flächig verhindert und in einigen Jahren mehrfach verbissene Bäume als „Bonsai“ dahinvegetieren oder ganz absterben. Besonders bitter rächt sich das in den letzten Jahren beim klimabedingten großflächigen Abgang der Fichte. Hätte in den Jahrzehnten vorher Verjüngung funktioniert, stünden die Waldbauern jetzt nicht vor so vielen vergrasten Kahlflächen und müssen bei Null beginnen – meistens mit Kulturzäunen. Diese jahrzehntelange Verzweiflungs-Schutzmaßnahme hilft inzwischen aber nicht mehr: Durch umgestürzte Bäume, „durchgehende“ Wildschweinrotten etc. sind sie meistens nicht dicht zu halten. Zudem sind sie ein horrender Kostenfaktor für Waldbesitzer, unabhängig von der Mühe des Errichtens und ständiger Kontrolle.

Aus guten Gründen wird gesetzlich schon seit Jahren verlangt, dass sich die Hauptbaumarten im Wesentlichen ohne Schutzvorrichtungen verjüngen können. Der Grundsatz “Wald vor Wild“ ist gesetzlich verankert. Dabei geht es keineswegs nur um die wirtschaftlichen Verluste der Waldbauern. Der Rehwildverbiss führt seit Jahrzehnten zu einer eklatanten Entmischung der Wälder mit entsprechender Artenverarmung und Bestandsinstabilität. Selbstverständlich leiden darunter auch viele Blütenpflanzen, flächig „geköpfter“ Türkenbund ist nur das augenfälligste Beispiel.

Das Vegetationsgutachten 2009 und die reale Situation in den Wäldern legen deutlich dar: in den meisten Hegegemeinschaften im Landkreis ist die Situation mehr oder weniger verheerend, der Tannenbonsai ist trauriges Beispiel für den wahren Waldzustand. Der Bay. Rechnungshof forderte in seinem jüngsten Bericht einmal mehr Konsequenzen, die sich mit unseren langjährigen Forderungen weitgehend decken. 

Wir fordern von der Jägerschaft unmissverständlich eine waldgerechte Rehwildbejagung. Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt. Alles andere fällt unter die Rubrik „Jägerlatein“.


Links und Dokumente zu Wald und Jagd

Artikel in der "Stachel"-Ausgabe 2021/2
Feuchtlach erhalten
Schutz des Waldgebietes „Feuchtlach“ am südlichen Ansbacher Stadtrand

Offener Brief an Bürgermeister und Stadtrat der Stadt Feuchtwangen
zur Eigenjagd "Weidenbusch"
(siehe auch obige Bilder)

BN-Positionspapier
zur Rehwildbejagung im Landkreis Ansbach. Gibt es in Zukunft naturnahe Wälder?

Oettinger-Forst Rechtstreit
Urteilsbegründung zum Elektrozaun im Oettinger Forst (Juni 2012)


Causa "Öttinger Forst"

Elektrozaun am Oettinger Forst

(Januar 2011)

Die aus guten Gründen vom Landratsamt angekündigte Beseitigungsanordnung des sach- und rechtswidrigen Elektrozauns am Oettinger Forst hat zu Jahresbeginn 2011 zu absurden Anwürfen gegen den Bund Naturschutz von bestimmter Seite geführt. Was war geschehen?

Im Frühjahr 2010 hat die Fürstliche Forstverwaltung - Eigentümer weiter Bereiche des Oettinger Forstes der groß teils im Landkreis Donau-Ries liegt - am Nordrand des Waldgebietes, im Bereich des Landkreises Ansbach, einen (geschätzt) etwa 11 km langen Elektro-Litzenzaun errichtet. Nur die Zufahrtswege sind frei und offenbar mit einem Verstänkerungsmittel gegen Wildflucht behandelt. Bürger aus Fürnheim wandten sich hilfesuchend an uns. Eine Nachfrage beim LRA ergab, dass keine Genehmigung erteilt wurde. Bei einem kilometerlangen Elektrozaun, der dauerhaft ein riesiges geschlossenes Waldgebiet gegen Wildabwanderung abriegelt, handelt es sich nicht um einen genehmigungsfreien Kulturzaun, wie ihn Waldbesitzer bei unzureichender Rehwildbejagung zum Aufkommen von Waldverjüngung für begrenzte Zeit errichten. 

Umgekehrt geht es hier ja darum, Schwarzwild in ein großflächiges Waldgebiet einzusperren und am Austreten auf die Felder zu hindern. Angesichts seit Jahren massiver Wildschweinschäden haben wir durchaus Verständnis für die Nöte der Landwirte und deren Forderung nach Abhilfe. Allerdings sind die Ursachen für die Bestandsexplosion von Schwarzwild in den letzten Jahren zu einem hohen Anteil landwirtschaftlich bedingt und damit hausgemacht:

Insbesondere die massive Ausweitung des großflächigen Maisanbaus schafft traumhafte Nahrungs- und Deckungsbedingungen für Schwarzwild, mit entsprechender Bestandsentwicklung. Durch milde Winter, Kirrungen, die Ganzjahresfütterungen gleichen, kontraproduktive Ablenkfütterungen und unzureichende Bejagung wird das Problem verschärft. Wenn die ohne Zweifel schwierige Schwarzwildbejagung nicht effizient erfolgt, zeigt dies einmal mehr, dass die von manchen Jagdvertretern in jüngerer Zeit verbal beschworene Partnerschaft Landwirtschaft/Jagd häufig nicht funktioniert.

Nach Schilderung von Betroffenen herrschen im Oettinger Forst statt effektiver Bejagung eher feudaljagdartige Zustände. Es erfolgt eher Wildschweinmast durch Zufütterung, um für honorige Jagdgäste Schwarzwild in großer

Zahl vorzuhalten. Ausdrücklich stellen wir fest: Es ist kein ökologisches Problem und damit auch nicht das Problem des BN, wenn Wildschweine intensiv genutzte, den Naturhaushalt schädigende Felder "umpflügen". Es wird dann zum Naturschutzproblem, wenn zur vermeintlichen Problemlösung die Bevölkerung am freien Betreten des Waldes gehindert wird und zudem massive ökologische Folgeprobleme hervorgerufen werden:

Die Zäunung verstößt eindeutig gegen das in Art. 141 der Bay. Verfassung garantierte freie Betretungsrecht der Natur für alle Bürger. Der Zutritt allein auf den Wegen reicht nicht aus, Wald muss grundsätzlich auch "querwaldein" betreten werden können. Ein Elektrozaun ist gefährlich für Menschen, z. B. für Kinder oder Pilzsammler. Er hat erhebliche Durchschneidungswirkung für diverse Tierarten.

Das Wandern und damit der Genaustausch vieler Tierarten, vor allem großer Säuger, wird eingeengt oder sogar unmöglich gemacht. Er greift irreparabel in den Lebensrhythmus vieler Säugetiere ein. Der Oettinger Forst ist Bestandteil eines vom Bay. Umweltministerium ausgewiesenen "Wildtierkorridors" - ein wichtiger Schritt gegen die Durchschneidung von Wildtier-Lebensräumen. Der Zaun verhindert umgekehrt auch das Einwechseln von zuwanderndem Schwarzwild in den Wald und lässt dadurch zusätzliche Feldschäden erwarten.

Zudem erfolgt eine Verlagerung der wirtschaftlichen Schäden an die jeweiligen Zaunenden, was die dortigen Landwirte umso härter trifft. Das Einzäunen des Waldes von mehreren Seiten schafft eine

gehegeartige Situation. Es stellt sich die Frage, ob in Wirklichkeit nicht durch die Hintertür ein Wildgatter errichtet werden soll. Betroffen ist auch das  NSG Lierenfeld wo wir seit 1983 die Biotoppflege durchführen. Die erforderliche artenschutzrechtliche Prüfung auf mögliche Beeinträchtigungen wurde nicht durchgeführt.

Unsere Argumentation hat im Dezember Landwirtschaftsminister Brunner in seiner Antwort auf eine entsprechende Landtagsanfrage von MdL Renate Ackermann in den wesentlichen Punkten voll bestätigt und unter Bezugnahme auf die Regierung von Mfr. klargestellt, dass 11nicht eine Einzäunung des gesamten Forstes, sondern vielmehr eine intensivere Bejagung und Bestandsregulierung der Sauen zielführend ist11 •

Einmal mehr zeigt sich: Der BN steht auf der Seite der Bevölkerung und weiß sich in diesem Fall mit den Behörden und Landwirtschaftsminister Brunner einig. Aufgabe des BN ist es, bei offenkundigen umweltrelevanten Problemen hinzusehen und nicht wegzusehen.

Helmut Altreuther

 

Der Oettinger Wildschweinzaun muss weg!

(November 2012) 

Großer Erfolg im Oettinger Forst: In wohl seltener Eindeutigkeit hat im Sommer das Verwaltungsgericht Ansbach festgestellt, dass der ohne behördliche Genehmigung errichtete, etwa 11 km lange Zaun am Nordrand sach- und rechtswidrig ist. Es hatte die Klage der Fürstlichen Forstverwaltung gegen einen Beseitigungsbescheid des

Landratsamtes Ansbach abgewiesen. Nach endgültiger Rechtskraft muss der Zaun unter Androhung eines Zwangsgeldes innerhalb zwei Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheids des Landratsamtes abgebaut werden. Wir haben im Juli 2010 mit einem Brief an das Landratsamt die Sache ins Rollen gebracht, indem wir die Zaunerrichtung aktenkundig machten und um Prüfung und Abhilfe baten. In seinem Urteil bestätige das VG jetzt in nahezu allen wesentlichen Punkten unsere von Anfang an dargelegte Haltung.

Zentraler Punkt der Gerichtsentscheidung ist die Tatsache, dass es sich bei dem Zaun eindeutig um eine II Sperre II in der freien Landschaft handelt. Daran ändere sich auch nichts, wenn in gewissen Abständen Überquerungs- bzw. Durchquerungsmöglichkeiten vorhanden sind. Es gehe vorliegend dem Kläger vielmehr aus objektiver Interpretation nur um Privatnützigkeit, insbesondere um eine völlig überzogene Wildschweinhaltung, die sich nach den Erkenntnissen der Regierung schon fast darstellt als Wildschweinmästung, was unter keinen Aspekten schützenswert ist... Später heißt es  das Interesse der erholungssuchenden Bevölkerung schon nach Verfassungslage die Sperre illegal macht. Der Kläger verfolgt hier in einer vom Ausmaß her beispiellosen Weise Eigeninteressen ohne Rechtsgrundlage zu Lasten der Allgemeinheit.

Die zunächst behördliche und jetzt gerichtliche Entscheidung ist ein Sieg des Allgemeinwohls vor den Privatinteressen des Großgrundbesitzes und der Landnutzung. Das Urteil ist bayernweit von grundsätzlicher Bedeutung, weil das Problem, dass Schwarzwild von der massiven Ausweitung des großflächigen Maisanbaus profitiert und dort landwirtschaftliche Schäden verursacht, auch in vielen anderen Gebieten besteht. Leider hat die fürstliche Forstverwaltung auch nach dieser Eindeutigkeit Probleme, die Sach und Rechtslage anzuerkennen - sie hat beim VGH München Antrag auf Berufungszulassung gestellt. Anstatt mit den notwendigen Maßnahmen wie

• Sofortige Einstellung jeglicher Zufütterung

• Sofortige Aufnahme effizienter Bejagung innerhalb des noch stehenden Zaunes, wobei es ausschließlich um Reduktion und nicht um Trophäenjagd gehen muss,

zu zeigen, ob es ihm tatsächlich um das Wohl der Landwirte oder um das Beharren auf feudaljagdartigen Verhältnissen gehe, spielt man dort also weiterhin auf Zeit, zu Lasten der Landwirte und der Allgemeinheit. 

Helmut Altreuther